Übergabe der Rechenmaschine von Heinrich Esser

Die Rechenmaschine von Heinrich Esser aus Aachen: ein fast vergessener Pionier

Am 20. Oktober 2000 überreichten Herr Staatssekretär Krebs und Herr Menniken, der Sekretär der Stiftung Kunst und Kultur NRW, dem Arithmeum die einzige in NRW konstruierte Rechenmaschine von 1892 zur Bereicherung der Sammlung. Mit der Maschine von Heinrich Esser kommt so ein Stück Regionalgeschichte aus Großbritannien an seine ursprüngliche Wirkungsstätte zurück.

Heinrich Esser, geboren 1845 in Pingsheim im Kreis Euskirchen, lebte und wirkte als Städtischer Polizei-Bau-Inspector in Köln. 1892 konstruierte er die Rechenmaschine, die man jetzt im Arithmeum betrachten kann. Diese Esser-Maschine ist eine Vierspezies-Maschine, d. h. man kann mit ihr addieren, subtrahieren, multiplizieren und dividieren. Einzigartig in der Geschichte der Vierspezies-Sprossenradmaschinen ist hierbei Essers Mechanismus des Zehnerübertrags. Beim Übergang von Neun auf Null muß die anliegende Stelle um eine Position verstellt werden. Heinrich Esser nutzte dafür eine Sprosse, die mittels eines Hebel herausgezogen wird, um dann in die nächste Stelle einzugreifen. Als Prototyp auf dem Weg zur Patentierung ist diese Esser-Maschine eine interessante Quelle, die die einzelnen Entwicklungsschritte einer Erfindung dokumentieren kann. Bereits 1892 beantragte Heinrich Esser ein Patent für seine Konstruktion, das 1895 ausgegeben wurde. Ein Vergleich zwischen der Patentschrift und unserer Neuerwerbung zeigt, daß unsere Maschine älteren Datums ist. Wesentliche Details der letztendlich patentierten Maschine fehlen. Die Esser-Maschine im Arithmeum besitzt keinen Zehnerübertrag im Umdrehungszählwerk, der für eine verkürzte Multiplikation und Division notwendig ist.

Mit dem Vorhandensein dieses Merkmals wäre eine automatische Funktion gegeben. Daneben gibt es weitere Elemente, die die Maschine als Vorarbeit charakterisieren: die Antriebskurbel besitzt keine besondere Raststellung und es fehlt das Glockensignal, das anzeigt, daß die Kapazität des Resultatwerkes überschritten wurde. Die Erfindung der Esserschen Rechenmaschine fällt in die Zeit der ersten Serienfertigung von Rechenmaschinen. Auch Esser hatte scheinbar die Idee einer Serienfertigung, da seine Maschine aus einzelnen Modulen aufgebaut ist, die es in ihrer Zusammenstellung erlauben, die Kapazität einer Maschine flexibel den Kundenwünschen anzupassen.

Da Esser aber den Bau und die Konstruktion einer Rechenmaschine nur in seiner Freizeit und nicht hauptberuflich verwirklichen konnte und sich die Patentanmeldung somit hinauszögerte, kam ihm die Braunschweiger Nähmaschinenfabrik Grimme, Natalis & Co. in der Serienfertigung zuvor. Unter den vielen Konstrukteuren dieser Zeit, die sich mit dem mechanischen Rechnen auseinandersetzten, ist auch die Esser-Maschine einzureihen, die durch die für sie ungünstigen Zeitgeschehnisse fast in Vergessenheit geriet.