Matti Kujasalo

ohne Titel, 1990

Der finnische Künstler Matti Kujasalo entdeckte seine Liebe zur Kunst bereits als Kind. Seine Großmutter, die selbst ausgebildete Künstlerin war, leitete ihn schon sehr früh zu malen an. Er genoß nach Beendigung der Schule zunächst eine Ausbildung an der freien Kunstschule in Helsinki, bevor er 1964 an die Akademie für bildende Künste wechselte. Dort zeichnete er nach Modell und malte realistische Landschaftsbilder. Nach einigen Auslandsreisen, u.a. in die USA, begann Matti Kujasalo seinen eigenen geometrisch-konstruktiven Stil zu entwickeln. Er arbeitete zunächst mit dem Quadrat als Grundform, bevor er sich auf reine Linienstrukturen beschränkte. Stets war sein Ziel, mit einfachen Mitteln Bewegung im Bild zu erzeugen.

Bald verwandte er Linienstrukturen, deren ästhetische Grundlagen bis auf die Suprematisten und Mondrian zurückgeführt werden können und oft Gegenstand kunstkritischer Diskurse waren. Diese Linienbilder entsprangen zunächst immer einem Konzept, das vom Betrachter relativ einfach nachvollzogen werden kann, wie im Titelbild „Varese„. Doch schon bald wurden die den Bildern zugrundeliegenden „Rezepte„ komplexer, und es stellt sich nun als äußerst kompliziert dar, sie zu decodieren. Seine Arbeit ist maßgeblich bestimmt durch die Form, speziell durch den Raum zwischen Linien und Winkeln, eingebettet in den Kontrast von hell und dunkel.

Sein Werk entsteht stets in mehreren Schritten. Der Arbeitsvorgang beginnt mit einer Grundierung der auf eine Holzplatte gespannten Leinwand. Dann, nach dem Aufbringen von Spezialklebestreifen in einer Breite von minimal 0,1 Millimeter, wird eine erste Farbschicht aufgetragen. Dieser Vorgang wird der Farbanzahl entsprechend wiederholt. Matti Kujasalo nutzt selten mehr als drei verschiedene Farbtöne. Meist beschränkt sich seine Wahl auf Weiß, Schwarz und Grau. Der letzte Arbeitsschritt besteht aus dem vorsichtigen Entfernen der vorhandenen Spezialklebestreifen, was das Gemälde schließlich zum Vorschein bringt.

Das hier ausgestellte Werk stellt in Kujasalos Gesamtarbeit eine Besonderheit dar. Zum einen ist es geprägt durch seine Italienreise (1988), erkennbar durch den Terracottafarbton, zum anderen begann er zu dieser Zeit die unmittelbare Lesbarkeit seiner Werke zu reduzieren. Kujasalos Ziel war es, einzig das Werk selbst sprechen zu lassen, ohne daß die zugrundeliegende Idee entschlüsselt werden kann. Das Gemälde gibt den Auftrag von insgesamt vier Farbebenen zu erkennen. Die Grundierung ist terracottafarben, gefolgt von Schwarz und Weiß. Auf der terracottafarbenen Schicht sind an einigen Stellen Bleistiftlinien zu erkennen, die auf den Entstehungsprozeß hindeuten. Das Finish bilden schwarze Linien, bei denen der weiße Grund durchscheint. Sie wurden mit Graphit vor Entfernen der Spezialklebestreifen aufgetragen.

Dieses Werk soll die Augen des Betrachters irritieren. Durch den starken Kontrast von Schwarz und Weiß beginnen die Linien bei längerem Betrachten zu flimmern. So wirkt das Gemälde dynamisch und eine starke Bewegung wird sichtbar.