200 Jahre Universität Bonn

200 Werke aus der Sammlung Arithmeum

Traditionell verstehen sich Universitäten als Orte der Gesamtheit der Wissenschaften „universitas litterarum“. Im Anfang bedeutete der Besuch einer Universität das Studium der „septem artes liberales“, also der sieben freien Künste: Grammatik, Rhetorik, Dialektik, Arithmetik, Geometrie, Musik und Astronomie. Ergänzt wurden diese Fächer, die grundsätzlich jeder Studierende durchlaufen musste, durch Theologie, Jurisprudenz und Medizin. Durch diese Vielfalt an Fächern hat jeder Studierende einen Blick „über den Tellerrand“ unmittelbar erfahren. Alle bedeutenden Universitäten haben es sich zur Aufgabe gemacht, den Studierenden diesen Blick auch heute trotz starker Spezialisierung weiterhin zu ermöglichen. So finden sich auf dem Campus neben den Lehr- und Forschungseinrichtungen auch Museen und Konzerthallen zur kulturellen Bereicherung der Ausbildung. Die Rheinische Friedrich - Wilhelms-Universität Bonn bietet den Studierenden, aber auch den Bewohnern und Besuchern von Bonn eine solche kulturelle Bereicherung in  Form vielfältiger Universitätsmuseen und auch Konzertveranstaltungen.

Das Arithmeum der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn verbindet als kulturelles Kleinod die weltweit umfassendste Sammlung historischer Rechenmaschinen, eine herausragende Sammlung geometrisch-konstruktiver Kunst, bibliophile Rara und die Konzertserie „concerto discreto“ mit exzellenter Forschung und Lehre im Forschungsinstitut für Diskrete Mathematik.

„200 Jahre Universität Bonn“ sind Anlass genug, mit dieser Ausstellung von „200 Werken aus der Sammlung Arithmeum“ spielerisch auf diese auch kulturelle Vielfalt im Angebot der Universität Bonn aufmerksam zu machen. So einfach die Idee klingt, so herausfordernd und spannend war ihre Umsetzung. Kunstwerke der geometrischkonstruktiven Kunst werden heute in nahezu allen Kunstmmuseen in klassischer Hängung mit viel Abstand und auf Augenhöhe der Besucher präsentiert. Eine Petersburger Hängung, bei der die Gemälde auf einer Wand dicht an dicht gezeigt werden, ordnet man üblicherweise einem anderen Kunstgenre zu. Doch betrachtet man die Ausstellungsgeschichte der konstruktiven Kunst, so war dies nicht immer so. Die ersten Präsentationen, die zum Teil von den Künstlern, wie dem Suprematisten Kasimir Malewitsch, selbst vorgenommen wurden, wie beispielsweise die Ausstellung 1915 in Petrograd mit dem Titel „0,10“, zeigten diese neue Kunst in einer wandfüllenden und wandgestaltenden Hängung.

Die Ausstellung „200 Jahre Universität Bonn - 200 Werke aus der Sammlung Arithmeum“ ermöglicht neue Blickpunkte auf die geometrisch-konstruktive Kunst, die jeglicher musealer Sterilität entbehrt und eine aktive Korrespondenz der Werke untereinander entfacht.

Werke von nordischen Konstruktiven finden sich neben den Werken der Schweizer Konkreten und zeitgenössischen amerikanischen Künstlern, diese wiederum neben denen italienischer Konstruktiver und den Begründern der Hard-Edge-Malerei in den USA.

Dieser von gängigen Ordnungskriterien losgelöste Ansatz einer Präsentation der Werke aus der Sammlung des Arithmeums erlaubt einen freien Blick auf diese Kunstwerke.

Linien, Farben, Strukturen und Formen stehen plötzlich im Vordergrund. Das menschliche Auge, das stets unbewusst nach Ordnungskriterien sucht, beginnt zwischen den Werken zu vermitteln. Auf einer einzigen Wand mit 71 Bildern kann es von Kreisen zu Kreisen in den einzelnen Kompositionen springen oder Diagonalen suchen. Aber auch die Suche nach einer farblichen Korrespondenz in den Werken kann sich vor dieser Wand als interessante optische Reise herausstellen.

„200 Werke aus der Sammlung Arithmeum“ eröffnet eine neue Dimension, die den künstlerischen Reichtum der Sammlung in einem neuen Licht präsentiert. Durch die Dichte der Präsentation wird dem Besucher in eindrucksvoller Weise die Vielfalt und Lebendigkeit der geometrisch-konstruktiven Kunstrichtung vor Augen geführt. Der mathematische, intellektuelle und kühle Eindruck, den diese Kunst bei einigen Betrachtern hervorruft, weicht in dieser Hängung durch zahlreiche visuelle Spannungsfelder einer emotionalen Wahrnehmung. Bezüge untereinander werden deutlich. Prinzipiell sehr geordnet an mutende Kompositionen tragen in der Kombination mit den anderen Werken zu einem verwirrenden Spiel bei, das die poetische Strahlkraft der Bilder zum Leben erweckt. Der Dialog zwischen den Werken regt den Betrachter dazu an, kreativ zu schauen und die klassische Betrachtungsweise eines Museumsbesuchers zu überwinden. Stattdessen darf spielerisch geschaut werden. Unabhängig vom Wissen um den Künstler und die Intention des Werks können die geometrischen Formen ein Eigenleben im Auge des Betrachters beginnen.

Zur Ausstellung ist ein Katalog erschienen, der zum Preis von 36,- Euro im Arithmeum zu erwerben ist.