Zylindrische Vierspezies-Stellsegmentmaschine von Anton Braun

Der Wiener Hofopticus und -mathematicus Anton Braun (1686-1728) baute 1727 eine große kreisrunde und prunkvolle Rechenmaschine als Meisterstück für Kaiser Karl VI., die wir Ihnen vor einigen Monaten an dieser Stelle vorstellen durften. Auch eine zweite, wesentlich kleinere kreisrunde Maschine fertigte Braun. Zu welchem Zeitpunkt er den Bau begonnen hat, ist unbekannt. Auch die Frage, inwiefern der ebenfalls auf der Deckplatte der Maschine vermerkte Philippe Vayringe (1684-1746), ein Uhrmacher und Mechaniker aus Lothringen, in die Erfindung oder Realisierung involviert war, konnte noch nicht beantwortet werden.

Die Rechenmaschine arbeitet mit einem zentralen Stellsegment, das bei einer Kurbelumdrehung um die zentrale Achse bewegt wird. Der Zehnerübertrag geschieht durch Einzähne auf Zwischenwellen, die bei einem Übergang von 9 zu 0 in das Annahmezahnrad der nächsthöheren Stelle greifen. Durch die Kraftübertragung an den Zahnrädern kann die Maschine bei mehr als drei aufeinanderfolgenden sekundären Zehnerüberträgen blockieren.

Auch wenn der Zehnerübertrag noch nicht einwandfrei über alle Stellen funktioniert, so war diese Idee der Zahlenspeicherung mit einem einzigen zentralen Element sehr gut durchdacht und fand im 20. Jahrhundert bspw. bei der berühmten Rechenmaschine Curta in ähnlicher Form erneut Anwendung – allerdings war hier das zentrale Element eine Staffelwalze.

Der authentische Nachbau im Arithmeum wurde zwischen 1986 und 1996 an der Feintechnikschule Villingen-Schwenningen zusammen mit zwei weiteren Exemplaren gebaut. Eins davon befindet sich im Heimatmuseum Möhringen bei Tuttlingen. Das Zweite ging mit einer Plexiglashülle versehen als Funktionsmodell an das Deutsche Museum in München. Der Ingenieur Herr Klaus Badur in Hannover hat die Maschine ebenfalls originalgetreu nachgebaut. Seine AutoCAD-Zeichnungen dienten als Grundlage für das 3D-Animationsvideo dieser „Rechenmaschine des Monats“, das von der Informatikstudentin Eileen Duong im Rahmen ihrer Bachelorarbeit zur Vorlesungsreihe „Geschichte des maschinellen Rechnens“ bei Professor Dr. Ina Prinz mit der Software Blender erstellt wurde. Das Video ermöglicht einen detaillierten Einblick in die Mechanik und Funktionsweise der Rechenmaschine von Anton Braun.

Wir wünschen Ihnen viel Vergnügen!