Das Arithmeum als Museum

Das Arithmeum ist ein Museum zum Thema „rechnen einst und heute“. Es befindet sich unter einem Dach mit dem Forschungsinstitut für Diskrete Mathematik. Es ist eine zentrale Einrichtung der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn. Das Arithmeum beherbergt die weltweit umfassendste Sammlung historischer Rechenmaschinen und präsentiert die Höhepunkte der Geschichte des mechanischen Rechnens in ästhetisch ansprechendem Ambiente.

Die Anfänge der Sammlung mechanischer Rechenmaschinen, die mit mehr als 10.000 Exponaten als weltweit führend gilt, gehen auf die 1970er Jahre zurück. Damals wurde Mechanik durch Elektronik verdrängt; eine 300-jährige Entwicklung komplexer Technik ging abrupt zu Ende. Das veranlasste den Stifter der Sammlung, Professor Dr. Dr. h. c. Bernhard Korte, schon während seines Mathematik-Studiums mechanische Rechenmaschinen von den Anfängen im 17. Jahrhundert bis zu ihrem technologischen Untergang zu sammeln.

Im Zeitalter des Barock gab es weder eine wissenschaftliche noch eine kommerzielle Notwendigkeit für Rechenmaschinen. Sie wurden - wie Androiden - in den Wunderkammern der Potentaten bestaunt, weil sie eine genuin menschliche Tätigkeit mechanisch ausführen konnten. Eine serienmäßige Fertigung von Rechenmaschinen begann erst ab der Mitte des 19. Jahrhunderts.

Moderne höchstintegrierte Logikchips sind wohl die komplexesten Strukturen, die der Mensch bisher erdacht und gefertigt hat. An der Entwicklung dieser elektronischen Winzlinge, die mit atemberaubendem Tempo weitergeht, haben Methoden der Diskreten Mathematik einen besonderen Anteil.

Der Besucher des Arithmeums kann die Funktionsweise von Mikroprozessoren studieren, selbst interaktiv Chips entwerfen und mit einem Polarisationsmikroskop tief in ihr Innenleben blicken und ihre Schönheit bestaunen. Wir dringen hier in Dimensionen vor, die weit außerhalb unserer menschlichen Vorstellung liegen. Eine Million Transistoren passen unter die Spitze eines Bleistifts!

Die auf Rechtwinkligkeit reduzierten Strukturen im Chipdesign haben ihre eigene inhärente Ästhetik. Sie korrespondieren in ihrer graphischen Umsetzung mit konstruktivistischen und konkreten Kompositionen und inspirieren ihrerseits zu künstlerischen Arbeiten.

Das Motto „weniger ist mehr“ von Mies van der Rohe war oberste Maxime für Gebäudearchitektur und Museumsdesign. Die Zeiten des wissenschaftlichen Elfenbeinturms sind vorbei. Daher steht eine Stahl-Glas-Fassade mit ihrer Filigranität und Leichtigkeit für „Transparenz der Wissenschaft“. Verschatter und Fluchtbalkone bilden als zweite und dritte Haut einen gestaffelten Übergang in den umgebenden Luftraum.

Das Museumsdesign basiert ebenfalls auf einem Minimalkonzept. Marcel Breuers Bauhaus-Vitrine kontrastiert zu modernen Stahltischen von Jean Nouvel und roten Text- und Buchständern. Die diversen Sitzgruppen mit Stuhlklassikern sind auch, ja sogar primär gestalterische Elemente.

Die Symbiose von Wissenschaft, Technik und Kunst im Arithmeum ist nicht zufällig, sondern gewollt. „Wir haben die Kunst, um nicht an der Wahrheit zugrunde zu gehen.“ Dieser Ausspruch Nietzsches ist heute richtiger und wichtiger denn je. Ästhetik und Schönheit helfen, in unserer homogenen und schnelllebigen Welt zu differenzieren und zu erleben.

„Wenn ein gewisses technisches Können erreicht ist, verschmelzen Wissenschaft und Kunst gern zu Ästhetik. Die großen Wissenschaftler sind auch immer Künstler.“ [Albert Einstein, 1923]