Stanhope Stellsegmentmaschine (Replik)

Vierspezies-Stellsegmentmaschine

1777

Die zweite Vierspezies-Rechenmaschine von Charles Third Earl of Stanhope wurde 1777 von dem Mechaniker James Bullock gebaut. Diese Rechenmaschine zeichnet sich durch einen speziellen Stellsegmentmechanismus aus. Als Stellsegment wird ein mechanischer Zahlenspeicher immer dann bezeichnet, wenn ein Bauteil mit einer nicht variablen Anzahl von jeweils 9 Zähnen innerhalb des Rechenvorgangs zu einem bestimmten Zeitpunkt in den Eingriff des Übernahmezahnrads des Einstellwerks gerückt wird und somit eine zuvor eingestellte Zahl von 0 bis 9 überträgt.

Stanhope, der 1775 mit der Konstruktion seiner ersten Rechenmaschine für alle vier Grundrechenarten eine abgewandelte Staffelwalze entwickelt hatte, versuchte nun in seiner zweiten Rechenmaschine, dem Problem des zum Teil fehlerhaften Zehnerübertrags bei der Subtraktion entgegenzuwirken. Dies ist ihm mit den gestaffelt montierten Zweihörnern für den Zehnerübertrag in der Stellsegmentmaschine auch gelungen.

Zum Einstellen einer Zahl wird zunächst die Walze mit den Stellsegmentscheiben nach links geschoben. Dann muss ein Arretierungsstift gezogen werden, der gleichzeitig als Einstellstift dient. Mit ihm dreht man die einzelnen Stellsegmentscheiben in die gewünschte Position. Im länglichen Anzeigefenster ist die eingestellte Zahl zu sehen. Die Scheiben werden mit dem Stift festgestellt und das gesamte Einstellwerk wieder nach rechts geschoben. Bei der Kurbelumdrehung wird die eingestellte Zahl ins Ergebniswerk übertragen. In der Ausgangsposition sind die Zähne der Zahnräder des Einstellwerks nicht auf gleicher Höhe wie die Zähne der Zahnräder des Übernahme- bzw. Ergebniswerks, sondern leicht versetzt daneben. Bei der Kurbelumdrehung lenkt die Steuerkurve das Stellsegment zu einem bestimmten Zeitpunkt in den Abgreifradius der Übernahmezahnräder. Ist beispielsweise die Ziffer 5 an einer Stelle eingestellt, sind zu diesem Zeitpunkt bereits 4 Zähne am Übernahmezahnrad vorbeigedreht. So greifen nur noch die letzten 5 Zähne ein und im Ergebniswerk erscheint die 5. Aufgrund der Staffelung der Zweihörner werden zwischengespeicherte Zehnerüberträge sukzessive abgearbeitet. Die Anordnung der Zweihörner erinnert an eine Doppelhelix. So ist jeweils eines der beiden Zweihörner pro Stelle nach der Addition in der richtigen Position, um den Zehnerübertrag ins Ergebniswerk zu übertragen, und das andere, um bei der gegenläufigen Drehrichtung bei der Subtraktion den Zehnerübertrag korrekt abzuarbeiten.

Stanhope hat mit dieser Stellsegmentmaschine gezeigt, dass er mit einer völlig anderen Mechanik als bei seiner zwei Jahre früheren Maschine ebenfalls eine funktionstüchtige Vierspeziesmaschine bauen kann und dass er in der Lage ist, das Problem des korrekten Zehnerübertrags bei der Subtraktion einwandfrei zu lösen. Er zählt somit zu den innovativsten Rechenmaschinenerfindern des 18. Jahrhunderts.

Multiplikation und Division werden durch wiederholte Additionen und Subtraktionen mit zwischengeschalteter Schlittenverlagerung abgearbeitet. Das zylinderförmige, in neun Scheiben aufgeteilte Einstellwerk ist verschiebbar auf einer Vierkantachse gelagert, dahinter befindet sich das Resultatwerk, davor das Umdrehungszählwerk. Das Schaltprinzip ist mit dem späteren Stellsegmentprinzip vergleichbar: Jede Scheibe des Einstellwerks trägt auf einem Viertel des Umfangs die Zahlen 0 bis 9, auf dem gegenüberliegenden Sektor neun feste Zähne. Die Einstellscheiben sind zunächst durch eine Stange arretiert. Diese Stange muss links am Einstellwerk herausgezogen werden, anschließend kann mit einem Einstellstift die Stellsegmentscheibe bewegt werden. Durch dieses Drehen der Scheiben wird eine entsprechende Anzahl Zähne in den Arbeitsbereich des Resultatwerks verlagert. Nach Einstellen aller Ziffern muss die Stange zur Fixierung der Einstellung wieder in das Einstellwerk hineingeschoben werden.

Beim Drehen der Kurbel erkennt man drei Takte: 1) Die Achse mit den Zehnerübertragsscheiben dreht sich. 2) Das Einstellwerk wird etwas nach rechts in den Arbeitsbereich des Resultatwerkes gerückt, da sich die Einstellscheiben zunächst nicht in derselben Ebene wie die Zahnräder des Resultatwerkes befinden. Nach einer Vierteldrehung gelangt das Einstellwerk in den Eingriff des Resultatwerkes. Es erfolgt der Eintrag des eingestellten Wertes in das Resultatwerk. Danach wird das Einstellwerk wieder nach links gestellt. 3) Die Zehnerübertragsachse dreht sich.

Diese Vorgänge löst das große Rad rechts an der Handkurbel aus, das zwei Zahnsegmente mit je 14 Zähnen trägt, die auf ein 15-zähniges Rad der Zehnerübertragsachse einwirken, sodass dieses um 360° gedreht wird. Dabei werden die Zehnerüberträge ausgeführt. Beim Übergang von 9 auf 0 bewegt ein Einzahn ein unterhalb gelegenes Zahnrad um eine Teilung weiter. Dieses Zahnrad trägt ein Dreibein, von dem ein Bein im Falle einer vorbereiteten Zehnerübertragung die nächsthöhere Stelle des Resultatwerkes bewegen kann. Unterhalb dieser Teile verläuft die Achse der Zehnerübertragung, die mit elf Scheiben, von denen jede zwei Zehnerübertragungszähne trägt, besetzt ist. Die Zehnerübertragungszähne bilden eine doppelte helixförmige Kurve: eine ist für die Multiplikation, die andere für die Division. Diese Zähne führen die Zehnerübertragung aus, indem sie die in Vorbereitungsposition befindlichen Dreibeine um eine Teilung weiterdrehen, die dabei wieder in ihre Ausgangsposition gelangen. Die beiden Zahnsektoren des Antriebrades benötigt man bei der wendeläufigen Maschine zur Ausführung der Zehnerüberträge bei der Addition/Multiplikation bzw. der Subtraktion/Division. Ein 12-stelliges Zählwerk ist vor dem Einstellwerk platziert und wird mit einem Einzahn, der am Einstellwerk befestigt ist, betätigt.
Inventarnummer:
FDM6300

Erfinder:
Charles Viscount Mahon, 3rd Earl of Stanhope

Jahr der Erfindung:
1777

Hersteller:
James Bullock

Hersteller der Replik:
Ullrich Wolff, Arithmeum; Ivan Iwanoff, München

Baujahr der Replik:
1996

Hauptgattung:
Vierspeziesmaschine

Untergattungen:
Stellsegment

Kapazität:
9 (EW) x 12 (UZW) x 12 (RW)

Maße (H x B x T):
22 x 36 x 21 cm

Gewicht:
9,0 kg


Literatur:
  • Ligonnière, Robert: Préhistoire et histoire des ordinateurs, des origines du calcul aux premiers calculateurs électroniques. Paris 1987, p. 51-54
Dieses Objekt befindet sich aktuell in der Ausstellung im Erdgeschoss.