Paul Osipow

Ohne Titel 2000

Die Bilder von Paul Osipow bestechen durch ihre Farbigkeit. Die Kompositionen, die in seiner letzten Werkphase entstanden, sind unterschiedliche Variationen eines Bildmotivs. Die Grundstruktur erinnert an zwei Andreaskreuze, die in die Bildfläche eingespannt sind und die sich gegenseitig halb überlagern. Im Rahmen dieser sehr klar und einfach konstruierten geometrischen Kompositionen erzeugt der Künstler Bilder, deren Wirkung eine erstaunliche Variationsbreite hat: von hart und kantig zu harmonisch und farbenfroh.

Paul Osipow wurde 1939 in Kymi in Finnland geboren und lebt in Järvenpää. Er studierte von 1958 bis 1962 an der finnischen Kunstakademie. 1960 wechselte er an die freie Kunstschule in Helsinki, 1975 – 1976 an die Universität von Texas in Austin. Seit 1978 unterrichtet er als Professor an der finnischen Kunstakademie.

In der Mitte der 60er Jahre hätte man ihm keine Zukunft als konkreter Künstler vorhergesagt, da er sich, wie soviele Künstler seiner Generation, von der Ausstellung Pop-Art im Moderna Museet in Stockholm inspirieren ließ. Sein erstes konkretes Werk nannte er „Striptease„, worin er die selbstauferlegte Zurücknahme mit der leeren Leinwand ins Extrem trieb. Dieses ungemalte Bild repräsentierte für ihn das höchste Maß an Potenzial. Osipow hatte den Wunsch etwas zu machen, das ganz nah am „Nichts“ ist. Den Schlußpunkt einer möglichen Entwicklung hatte er damit vorweggenommen, weshalb seine konkrete Kunst auch keinem Dogma oder einer finalisierenden Intention unterliegt. In seinen Werken tritt die Form auf der Oberfläche immer in Kontakt zur realen Fläche der Leinwand.

In den 70er Jahren wurde Osipow von Barnett Newman angeregt. Farben und Raum begannen eine große Rolle zu spielen. Osipow experimentierte mit den Farben und gelangte zu einer größeren Freiheit und Losgelöstheit. Seine seriellen Werke zeigen eine charakteristische und unverwechselbare Handschrift.

Auffällig und deshalb vielleicht auch gerade reizvoll ist der Gegensatz von klar konstruierter Komposition und dem sichtbaren Pinselduktus. Osipow geht von einer einfach wirkenden Grundstruktur aus. Die Variationsbreite innerhalb dieser festgelegten Struktur ist jedoch erstaunlich groß. Er rastert die große Grundstruktur in kleinen Farbflächen auf. Die Kompositionen wirken durch die Wahl der Farben sehr unterschiedlich. Seine Experimente zeigen, daß die Farbe als wichtiges Element die Struktur beeinflußt, daß aber andererseits die Struktur auch nie ganz losgelöst von der Farbe behandelt werden kann, da manche Strukturen gewisse Farbkombinationen unterstützen, andere aber fast unvereinbar mit ihnen sind. Osipow arbeitet sehr diszipliniert im Rahmen der sich selbst auferlegten Regeln, die Farbe bietet ihm dafür eine unendliche Variationsbreite.

Das Gemälde von Paul Osipow in der Sammlung Arithmeum entstand nach einem Besuch des Künstlers im Museum. Hier setzt er ein mattes, vom Pinselduktus strukturiertes Hellgrün vor ein stumpfes und gleichmäßiges Olivgrün. Die mittlere Raute auf der rechten Seite ist in einem in Farbintensität und Leuchtkraft dem Hellgrün entsprechenden Blauton gemalt. Das Zurückgenommene der Komposition wird durch ein kleines Rechteck, das sich aus den Eckmaßen der Größe eines Viertels einer Raute ergibt, aufgebrochen. Hier kommt dem Betrachter ein klares Hellblau entgegen. Zu der durchgehend sehr warmen Grundstimmung des Gemäldes bildet es ein Gegengewicht, was die Komposition mit Spannung und Energie erfüllt.