Intuitive Geometrie

Afrikanische Masken

Warum sind neben hochmodernen Großrechnern afrikanische Masken an den Wänden des Arithmeums zu sehen? Ist das nicht ein Gegensatz in sich? Glänzendes Metall, neuzeitliche Materialien, poliertes Silizium und hochsophistiphizierte Technik neben grob bearbeitetem altem Holz, archaischen Gesichtsmasken mit kultischer Bedeutung, wo ist da der Bezug? Bei oberflächlicher Betrachtung ist ein Bezug nicht offensichtlich, doch hinterfragt man diese unkonventionelle Komposition, finden sich vielerlei Berührungspunkte. Die afrikanischen Masken vom späten 19. bzw. aus dem frühen 20. Jahrhundert sind entstanden aus dem Abbildungs- und Gestaltungswillen in traditionellen Ahnenkulten. Es wurde immer wieder die Macht, Stärke und Weisheit der Vorväter gewürdigt und durch Ahnenkulte versucht, an ihrer Weisheit teilzuhaben und sie über Generationen zu retten und am Leben zu halten. Das Kunstwollen, diese imposanten und archaischen Masken zu formen, rührte somit zunächst aus der großen Achtung vor den Ahnen und deren Wissen. Die geometrischen Grundformen werden bei den afrikanischen Masken mit einem intuitiven Gespür für Maß, Verhältnis und Komposition eingesetzt. Dabei können einfache Formen mit völlig unterschiedlichen kompositorischen Gewichtungen verwendet werden. Der Kreis wird beispielsweise stets als Element genutzt, das auf ein Zentrum hinweist. Im Fall der Kifwebe-Zeremonialmaske aus Zaire, lenken die Kreise die gesamte Konzentration auf die schlitzartigen Augen, aus denen der Geist des Ahnen aufblitzen soll. Dagegen umschließt der Kreis in der Maske der „Bedu„ das, was dahinter zu sehen ist, in diesem Fall das Weiß der Wand, während des kultischen Tanzes sicherlich die Farbe des Himmels. Die Streifen auf dem Ring weisen wie Strahlen nach außen, könnten also als Sonnenstrahlen gesehen werden bzw. lenken die Konzentration ebenfalls auf den kreisförmigen umschlossenen Raum. Somit läßt sich also bei eingehender Betrachtung ein sehr spannender Bezug zwischen Mathematik im weitesten Sinn, genauer gesagt der Geometrie, und diesen Kunstwerken aus archaischen Kulturen feststellen. Beide Bereiche, Wissenschaft und Kunst, nähern sich diesen Formen: der Wissenschaftler forschend und analysierend, der Künstler begreifend und intuitiv. Wissenschaft und Kunst ergänzen sich, wie an diesem Beispiel zu sehen, zu einer ganzheitlichen Erkenntnis über das Wesen der Dinge.